Schlaraffia – wie es dazu kam
Sie ist vorwiegend heiter, selbst das Wappentier, der Uhu, in seiner Weisheit, zwinkert dazu. Natürlich, auch ein Schlaraffe isst, trinkt und raucht (letzteres besser nicht), hat Frau und Kind, ein Dach über dem Kopf, wohl auch ein Auto und einen Beruf, oder diesen auch nicht mehr. In der Bibel steht unter Matt. 4.4.: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein…“. Demzufolge hat er auch ein Herz, das nach einem Stück Romantik verlangt, eben nach dem Augenzwinkern des Uhu.
Angefangen hat alles im Jahre 1859 in Prag, als Künstler einen Verein gründeten, um sich gegenseitig mit Vorträgen zu unterhalten, das Fluidum zu einem witzig-geistvollen Spiel in Rede und Gegenrede zu nutzen, sowie Ämter- und Standesdünkel – das gab es damals nämlich auch schon – zu persiflieren.
In einer wahren Schlaraffen-Euphorie pflanzte sich der Uhu-Bund fort, in Deutschland, Österreich, der Schweiz, in andere Länder Europas und schlussendlich über den ganzen Globus.
Heute gibt es Schlaraffia weltweit in allen fünf Kontinenten und in über 250 Orten, schlaraffisch „Reyche“ genannt, mit rund 10000 Mitgliedern.
Der Erfolgt liegt sicherlich darin begründet, dass Schlaraffia nur für sich selbst da ist und störende Faktoren, wie Politik, Wirtschaft und Religion verbietet und profane Geltungssucht ausklammert.
Schlaraffisches Spiel
Schlaraffia ist keine Faschingsgilde und hat mit solchen auch nichts zu tun, außer dass einige Schlaraffen in Mainz, Köln, Villach usw., auch deren Mitglieder sind.
Schlaraffen treffen sich einmal wöchentlich in der „Winterung“, das ist die Zeit zwischen dem
1. Oktober und 30. April.
Zunächst könnte man den Eindruck eines großen, lebhaften und farbenfrohen Stammtisches haben. Aber dann eröffnet sich die bunte Vielfalt einer „Sippung“, mit Eröffnungslied und Begrüßung der Gäste aus anderen „Schlaraffen-Reychen“ in einem Rede- und Antwortspiel. Jeder ist Akteur und zugleich Komparse. Schlaraffia lebt vom Mittun!
Manche Sippungen stehen unter einem Thema: Jägerlatein, Leberwürste und andere Beleidigte, Turniere um Dichterketten, Jahreswechsel, Ehrungen verdienter Freunde, Geburtstage, Trauerfeiern. Und vieles mehr !
Eine Liste wird herumgereicht und wer etwas vortragen will, schreibt sich ein: ein Beitrag in Prosa, in Versform, ein Lied, eine Lesung aus schlauen Büchern, ein Lichtbildvortrag, Dichtung und Wahrheit, Wissenswertes.
Jeder darf und kann, keiner muss!
Ihre Lebendigkeit erhält die Sippung durch das schlagfertige fliegende Wort, „das Spiel mit dem güldenen Ball“, wie wir es nennen und durch die Pflege der drei schlaraffischen Ideale: Kunst, Freundschaft und Humor.
Unter Schlaraffen-Freunden
Ein Schlaraffe ist überall auf der Welt unter Freunden. Das ist das besondere Merkmal dieses Bundes: wer oft unterwegs oder alleinstehend ist, wird es als wohltuend empfinden, die Abende nicht einsam verbringen zu müssen, sondern mit Freunden zusammen zu sein und fröhliche Stunden erleben zu können.
„Sippen“ nennen wir das. Man besucht die Sippungen im eigenen Reych, in einem „Nachbar-Reych“, oder gar in einem weit entfernten Ort. Es gibt immer ein Wiedersehen mit Freunden und man erlebt ständig die Freude am schlaraffischen Spiel.
Übrigens: Schlaraffen erkennen sich weltweit an der „Rolandnadel“. Es ist dies eine kleine, weiße Perle am Revers. Und am Auto ist an der Heckscheibe meist ein stilisierter Uhu als Aufkleber angebracht.
Schlaraffia und die Frauen
Schlaraffia ist ein Männerbund. Das heißt aber nicht, dass Schlaraffia nicht auch für Frau und Familie da ist!
Das zeigt sich schon darin, dass es eigene Sippungen mit den „Burgfrauen“ – so nennen wir die Ehefrau des Schlaraffen – gibt. Dabei können wir uns mit allerlei Wortspielen und Vorträgen so richtig in Szene setzen, und bei den meisten dieser Sippungen ist auch Beteiligung der Burgfrauen am Fechsungsreigen gefragt.
Schlaraffisches Ceremoniale
Die Gründer Schlaraffias haben die Szenerie ihrer Zusammenkünfte in ein idealisiertes Rittertum verlegt. Deshalb trägt jeder Sasse einen „Helm“ mit dem Ritternamen, Schärpe, Orden und anderes Zierrat als Insignien einer wohlmeinend-persiflierenden Weltanschauung.
Die Sprache der Schlaraffen – egal wo in der Welt – ist deutsch. Sie ist durchsetzt mit Ausdrücken unseres „Schlaraffenlateins“, das in der klassischen Vorzeit, dem Mittelalter, der Neuzeit und unserem Humor wurzelt:
Vereinslokal = Burg — Wein = Lethe
Pfeife = Schmauchtopf — Auto = Benzinross
Smoking = Rauchrock — Telefon = Quasselstrippe
Geige = Seufzerholz — Geld = Mammon
Gefängnis = Burgverlies — Brief = Sendbote
Die Spielregeln, einheitlich für alle Schlaraffen-Reyche, sind im „Spiegel und Ceremoniale“ niedergeschrieben. Danach nimmt jede Sippung ihren Lauf, gelenkt von einem Oberschlaraffen, dem ein ganzer „Hofstaat“ zur Verfügung steht. Dazu gehören: Kanzler, Marschall, Ceremonienmeister, Junkermeister, Mundschenk, Hofnarr, um nur einige zu nennen.
Und wozu? Sie sind Rollenträger des Spieles und Akteure dafür, dass dieses Spiel unterhaltsam, fröhlich, originell, aber – je nach Anlass – auch ernst, getragen und besinnlich wird.
Schon der Willkommensspruch des Ceremonienmeisters und die begleitenden Worte des Mundschenks beim Begrüßungstrunk stimmen auf den Abend ein.
Der schlaraffische Gruß
Die Anfangsbuchstaben des lateinischen „ludum ludite“ (spielet das Spiel !) haben unsere Gründerväter zu einem Ausruf geformt, der als Begrüssung und Bravoruf, aber auch als Trauerbezeugung gilt: „Lu-lu“ !
Die schlaraffischen Namen
Name, Stand, Beruf, akademischer Grad und sonstige profane Auszeichnungen haben in Schlaraffia keine Bedeutung. Deshalb hat jeder Schlaraffe einen eigenen Namen, der meist in humorvoller Weise auf seine Persönlichkeit hinweist.
Titel und Orden
Das Mitgliederverzeichnis der Schlaraffen heißt „Stammrolle“. Ein Journalist schrieb einmal: „Mit dieser Ahnengalerie verglichen, ist der Gotha ein Armen-Register“.
Da wimmelt es nur so von Großfürsten, Fürsten, Grafen, Herzögen, Edlen und Exzellenzen.
Doch daneben finden sich auch Schmunzeltitel, wie Kenteradmiral, Kornettenkapitän, Geh-heimrat, Frivoletto, Ton-Krawallo, Bläh-boi, Anektoteles, Fürst Meckernicht, Erzbengel, Leib-Mädi-Kuss, um nur einige zu nennen.
Und wozu? Als freundliche Persiflage, als Auf-den-Arm-nehmen kleiner, persönlicher Eigenarten und Eitelkeiten, als eine fröhliche Parodie, gekleidet ins Gewand mittelalterlichen Rittertums. Natürlich unterstreicht so ein Titel nicht den Wert der Persönlichkeit, er soll vielmehr eine Erinnerung sein an Begebenheiten und Ereignisse im schlaraffischen Leben.
Man denke nur an den Orden „Für nix und wieder nix“!
Und wie wird man Schlaraffe?
Man wird durch einen Bürgen (Paten) eingeführt und man muss sich für fähig halten, aber auch bereit sein, Kunst, Freundschaft und Humor zu pflegen, um aktiv am Geschehen teilzuhaben. Sich nur auf Kosten anderer unterhalten zu lassen, ist nicht genug !
Wenn man aber die „Schwellenangst“ überwunden hat, taucht man ein in das Wunderland Schlaraffia, das große Namen, wie Peter Rosegger, Franz Lehar, Paul Hörbiger, Walter Berry, Richard Eybner, Gustl Bayrhammer und viele weitere Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur, Wirtschaft und Politik zu seinen „Sassen“ zählt.
Weiterführende Informationen
Solltet Ihr weitere Informationen wünschen, so wendet Euch an die Internetpräsenz der Allschlaraffia.